Friday, October 12, 2007

Alte Bekannte in Beirut

Die 80 Kilometer von der Grenze bis nach Beirut waren ein Wechselbad der Gefühle. Freude kam auf bei dem herrlichen Blick auf das Sonnenuntergang errötete Mittelmeer und auf die plötzlich ergrünte Landschaft. Bedrückung dagegen kam auf beim Passieren der unzähligen Militärcheckpoints, Panzer und Stützpunkten - allesamt in Gefechtsposition.
Ganz besonders beklemmend aber war die Fahrt vorbei an Nahr al-Bared, einer Stadt im Norden Libanons. Diese wurde unlängst von libanesischen Truppen dem Erdboden gleich gemacht, weil sich dort eine hartnäckige Gruppierung (siehe Kommentar) verschanzt hatte. Das gesamte Gebiet war großräumig umringt und hermetisch abgeriegelt von Militär. Ein Anblick, der einem erst so richtig und ganz unmittelbar bewusst macht, wie furchtbar eigentlich Krieg ist.

Vielleicht ist auch gerade dieses augenöffnende Erlebnis, solche Szenen vor Ort zu sehen, der Grund warum wir hier her gekommen sind. Damit ist gemeint, dass wir uns hier vor Ort ein viel differenzierteres Bild von der Lage der Menschen hier machen, und von dem was sie durchgemacht haben. Ein Vorteil gegenüber allen Daheimgebliebenen, die sich auf ein Weltbild verlassen müssen, welches die vorgefilterten und in Häppchen servierten Fernsehnachrichten liefern, die sich wiederum oft verlieren inmitten der vielen anderen weltweiten Hiobsbotschaften. Eines steht jedenfalls fest, so viel wir hier in der kurzen Zeit bereits über die Hintergründe und die ganze Geschichte dieser Krisenregion erfahren haben eröffnet eine ganz neue Sicht auf diese Region unserer Erde.

Der erste Eindruck von Beirut ist ähnlich wie die Herfahrt in diese wundervolle Stadt. An jeder Ecke steht Militär und kontrolliert Autos und Passanten. Straßensperren, Panzer und bewaffnete Soldaten prägen das Stadtbild. Vor allem aber auch die vielen zerbombten Häuser und Brücken. Es bleibt einem wirklich jedes Mal kurz der Atem stecken, wenn man einen dieser Schauplätze des Krieges sieht. Und nun kommt das große ABER: ABER die Stadt ist großartig. Ein unglaublich tolles Flair herrscht hier. Viele junge Menschen, offenherzig und alles andere als begegnungsscheu. Ins Auge sticht, dass Downtown Beirut einer europäischen Metropole in Modernität in nichts nachsteht. Nur schicke Menschen, in den besten Klamotten gekleidet mit den teuersten Autos unterwegs, präsentieren sich entlang der Strandpromenade. Der einst völlig zerbombte Stadtkern wurde vollends wieder aufgebaut und gleicht mehr Disneyland als einer Innenstadt. Das Gemisch an Völkern und Religionen gibt der Stadt eine sehr lebendige und bunte Atmosphäre die ich so noch nirgends gesehen habe. Wir genießen jede Minute hier.

Auch die Gastfreundschaft ist wie überall im Nahen Osten omnipräsent. Gleich nach unserer Ankunft wurden wir von einer jungen Reporterin angesprochen, ob wir ein Interview für sie geben könnten. Sie wolle einen Artikel schreiben über Backpacker in Beirut und wir seien so ziemlich die Einzigen, die sie finden konnte. So saßen wir genau vor der Hauptmoschee und zugleich dem militärbewachten Regierungsgebäude und führten rege Gespräche und erhellende Diskussionen. Kurze Zeit später gesellten sich noch ein paar friedliche Hezbollah Demonstranten dazu, die nebenan auf einem Platz ihr Zeltlager errichtet hatten und servierten uns Kaffee. Eine herrliche Situation war das.

Das Herrlichste war aber, dass wir unsere Übernachtung schon sicher hatten. Denn, man soll es kaum glauben und der Zufall wollte es, dass sich genau in unserer Reisezeit Miriam in Beirut aufhält. Miriam ist eine Freundin, die ich bei meiner "vorletztjährigen" Weltreise im Iran besucht hatte. Und so kam es, dass ich in Syrien eine Nachricht in meinem mail account vorfand, die sinngemäß lautete wie folgt: "David, wenn ihr zufällig auf euerer Reise gedenkt auch in den Libanon zu reisen, dann kommt auf jeden Fall hier im schönen Beirut vorbei um alte Gepflogenheiten aufleben zu lassen." Gesagt getan.
Ein herzliches Wiedersehen war es und wir können gar nicht dankbar genug sein, dass wir bei Miriams Freundin Sonja so herzlich aufgenommen wurden und seither eine billige und sehr unterhaltsame Bleibe haben.

Frisch im Mittelmeer gebadete Grüße aus dem Libanon,

euer David


1 comment:

Unknown said...

Liebe David ich wünschen ihnen eine schöne zeit in Beirut.
Wenn sie erlaube ich wollte nur ihnen eine kleine aber wichtige Korrektur zum ihre Bericht mitteilen, sie schieben ( hartnäckige Splittergruppe von Oppositionellen verschanzt hatte.) die Gruppe Fatah el Islam die in Naher el bared ihre hauptquartiert hatte ist eine Teil das Globale Terror Netzwerk Al Qaida und keine Libanesische bzw oppositionelle Groupe ... ich bitte ihnen das in ihrem bericht zu ergänzen.

Ferdi Nasr