Monday, October 15, 2007

Flucht nach Damaskus

Am heutigen Sonnentag war wieder einmal Vortrieb im grossen Stil angesagt. Kaum aufgewacht unter der Jungfrau Maria und dort den Sonnenaufgang in Empfang genommen ging sie schon los, die wilde Fahrt zurueck nach Syrien. Unser Ziel: Damaskus, eine der aeltesten Staedten ueberhaupt.
Die grandiose Historie dieser umwerfenden Stadt wird ueberdeutlich bei dem Bummel durch die verschnoerkelte und verwinkelte Altstadt. Es sind hier nicht grosse Sehenswuerdkeiten, die verzaubrn sondern vielmehr die einzigartige Atmosphaere, die von dem Gassenlabyrinth ausgeht. Im Grunde hat man schon sehr schnell die wichtigsten Eckpfeiler der Stadt abgeklappert, aber die Stadt lockt an, stundenlang in den gemuetlichen Teehaeusern zu weilen, den Stadtmauern entlangzschlendern oder einfach nur Menschen im Marktgetuemmel vor der grossen Moschee zu beobachten - alles in allem, ein grosser Kessel Buntes.

Bei aller Aesthetik und Verspieltheit von Damaskus, so gibt es wie ueberall auch die Kehrseite der Medaille. So wollte es geschehen, dass wir in der prunk- und glanzvollen iranischen Moschee eine irakische Fluchtlingsfamilie kennenlernten - Maktub. Wir waren ja nach wie vor in der gluecklichen Lage, dass wir in Begleitung von Amale, der beirutischen und radikal gespraechigen Reporterin waren. Diese wa quasi unser Sprachrohr und Dolmetscher und so konnten wir in den vergangenen Tagen unheimlich viele schoene Kontakte mit den Menschen hier knuepfen und aus deren Alltag lernen.

Bei der Fluechtlingsfamilie gestaltete sich dies jeoch schieriger. Der Vater, ein Kriegverwundeter Invalide, der wie sich spaeter heraustellte bei den Paralympics in Barcelona auf 400m die Goldmedaille gewann, war sehr beacht darauf, keine politischen Gespraeche zu fuehren. Aus Angst vor dem Secret Service gab es also nur die eine Moeglichkeit, dies bei der Familie zuhause zu tun. Also fuhren wir spontan in einer halbstuendigen Taxifahrt in die Fluechtlingslager im Aussenbezirk Damaskus'.

Es wuerde den Rahmen sprengen, an dieser Stelle auf die schockierenden und schrecklichen Einzelheiten dieses Gespraechs einzugehen. Aber eines kann ich euch sagen, nach dem gestrigen Tag in der total zerbombten Suedstadt Beiruts, hat mir der heutige Nachmittag endgueltig den Stecker des Begreifbaren gezogen. Es ist einfach unglaublich was fuer Unverstellbarkeiten Menschen durchmachen muessen und sie trotz allem ein unbeugsamer Ueberlebenswille dazu treibt, nicht aufzugeben.

Ohne zu zoegern haben wir kurzerhand beschlossen, dieser Familie zu helfen. Amale wird sich von Beirut aus um die Einzelheiten kuemmern und wir werden versuchen von zuhause aus unsere Moeglichkeiten auszuschoepfen, und wenn es nur in die finanzielle Richtung geht. Es ist klar, dass man damit am Gesamten nichts aendern kann aber irgendwo muss man ja anfangen. Der persoenliche Bezug zu dieser Familie durch dise Begegnung ist jedenfalls Grund genug, zumindest einem gebeutelten Einzelschicksal zu helfen.

Konsterniert und voller Respekt vor unseren neuen Freunden,
aus Damaskus,

Euer David







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